Wiedereinstieg in den Beruf nach Brustamputation
Die Behandlung von Brustkrebs führt häufig zu monatelangen Berufspausen, die Rückkehr ins Berufsleben hat für brustamputierte Frauen verschiedene Bedeutungen und kann mit mancherlei Schwierigkeiten verbunden sein. Grundlegend sollten medizinische Voraussetzungen erfüllt sein, die sich nach der Art der Erwerbstätigkeit und ihren Belastungen, sowie nachdem körperlichen und seelischen Befinden orientieren. Manchmal können frühere Tätigkeiten nicht wieder aufgenommen werden, da sie körperlich zu anstrengend sind und stellen somit die Betroffenen vor das Problem der Invalidität, wenn keine Umschulung möglich ist.
Einerseits stellt die Rückkehr ins Berufsleben für manche Frauen die Wiederaufnahme des Lebens vor der Krankheit dar und damit den letzten Schritt der Rehabilitation, andererseits ist die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit für viele eine finanzielle Notwendigkeit.
Dies war auch der Fall für Frau N,. 48 Jahre, brustamputiert und alleinstehend. „Ich habe niemanden, der für mich aufkommt und musste daher meine Arbeit irgendwann wieder aufnehmen“. Frau N. war Erzieherin in einem Internat. Die Vermittlung der Diagnose Brustkrebs vergleicht sie mit einem „Anschlag auf das World Trade Center“, ihre Welt lag in Trümmern, ihre Arbeit war für sie bedeutungslos geworden. Frau N. hat in dieser Phase wertvolle Unterstützung erhalten durch ihre Kollegen, die ihr nicht nur gut zuredeten sondern „sie ertrugen mich, wenn ich meine Wut und meine Trauer hinausschreien musste“. Dieses Tief hat bei ihr einige Wochen angehalten, „dann kam die Entscheidung fürs Leben. In dieser Phase war ich sehr mit mir selbst beschäftigt, suchte nach Begleitumständen und Ursachen meiner Erkrankung. Ich hatte meinen Körper lange Zeit vernachlässigt, meine Lebensweise war von Genussund Bequemlichkeit geleitet, ich war psychisch belastet und unzufrieden. Jetzt wollte ich ein neues Leben beginnen und ich würde auch meinen Beitrag zum Gelingen leisten.“
Frau N. konzentrierte sich erst einmal auf ihr eigenesKörpergefühl, auf das, was ihrem Körper und Geist gut tat, zum Wohlbefinden beitrug um auch die negativen Folgen der Behandlung abzuschwächen...
Dies, zusammen mit der die Chemotherapie begleitenden Erschöpfung und Müdigkeit, führte dazu, dass Frau N. sich weiterhin krankschreiben ließ. „Außerdem hätte ich nicht zurückgehen können, solange ich keine Ersatzbrust hatte. Denn obwohl ich mit Kollegen und Bekannten frei über meine Operation reden konnte, hätte ich es nicht ertragen, wenn die Schüler meine flache Seite angestarrt hätten“. Auch wenn sie ihr verändertes Körperbild (Haarausfall...) relativ leicht ertrug, da es zeitweilig war, war für sie eine „komplette Rehabilitation“ erst möglich nach dem Brustaufbau; sie hatte beim ersten Kontakt mit einer Brustprothese eine solche Aversion dagegen gefühlt, dass es ihr unmöglich wurde, diese zu berühren.
Zu dieser Zeit fand auch ihre „Ich-Findung“ statt, Frau N. machte eine neue Werteaufstellung für ihr Leben und darunter fiel auch der berufliche Aspekt. Da Frau N. keine Familie hat, fand sie eigentlich den Sinn und die Erfüllung in ihrer beruflichen Tätigkeit. „Aber daswar seit einiger Zeit auch nicht mehr der Fall; ich war einerseits unzufrieden mit mir und meiner Arbeit, andererseits bedeutete sie aber auch Gewohnheit, also weniger Anstrengung, und Sicherheit. In meinem neuen Leben jedoch wollte ich die Jahre, die mir blieben, sinnvoll leben, ich wollte was aus meinem Leben machen“.
Nach dem letzten Stadium ihrer „körperlichen Rehabilitation“, dem Brustaufbau, fand Frau N. eine Arbeitsstelle in einem Behindertenheim. Die Arbeit ist gewiss nicht leicht, „aber da ich ja alleinstehend bin, kann ich mir in meiner Freizeit die nötige Ruhe gönnen.Das was ich mit diesen Jugendlichen lebe, ist unbeschreiblich. Ich habe den Eindruck, nie so intensiv und sicherlich nicht so bewusst gelebt zu haben wie jetzt. Und eines weiß ich mit Sicherheit: dieser Krebs war meine Chance!“.
Das Bekenntnis von Frau N. ist wahrscheinlich nicht alltäglich, aber im Gespräch mit Betroffenen haben wir häufig gehört, dass der Krebs das Leben verändert hat. Auch wenn die Zeit nach der Operation meist mit einigen Einschränkungen verbunden ist, so werden die positiven Dinge oft intensiver wahrgenommen und gelebt. Im Arbeitsbereich kann die körperliche Belastbarkeit zwar eingeschränkt sein, die Beziehungen aber intensiver gelebt und Werte wie Hilfsbereitschaft, Rücksichtsnahme und Verständnis gefördert werden.
Wie das „Umfeld“ (Vorgesetzte und Kollegen) reagiert, hängt letztendlich auch mit der eigenen Präsentation des Gesundheits- oder Krankheitszustandes zusammen . Wer sich immer nur als das bemitleidenswerte Opfer hinstellt und klagt, wird wahrscheinlich nach einiger Zeit von den anderen gemieden. Wer seine Erkrankung als Entschuldigung oder als Erklärung füralles präsentiert, wundert sich am Ende, dass er „wegen seiner Krankheit“ berufliche Nachteile hat...
Wir möchten jedoch auch nicht anzweifeln, dass es Kollegen und Chefs gibt, bei denen nur der eigene Vorteil oder die Produktivität zählt und die den erkrankten Frauen eher Steine in den Weg legen.
Wir denken jedoch , dass der eigene offene Umgang mit der Erkrankung und ihren Folgen maßgeblich zur Reaktion des Umfeldes beiträgt, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Auch sollte man angebotene ehrliche Hilfe annehmen, denn auch hier gilt das Motto: „Gemeinsam sind wir stark“.